Ostholsteiner Zeitung vom 12.02.2024
Jubiläum beim Gewerbeverein Schönberg – Feste Gemeinschaft stärkt jeden Einzelnen
„Gemeinsam können wir mehr erreichen – für jeden einzelnen und für den Ort als Wirtschaftsstandort.“ Dieser Überzeugung waren bereits vor 100 Jahren die Gründerväter des heutigen Schönberger Gewerbe- und Fremdenverkehrsvereins. Am 13. März fanden sich 30 Gewerbetreibende und Handwerker zusammen und hoben den Handels- und Gewerbeverein aus der Taufe. Knut Lindau führt den Verein seit 2001. Er blickt im Interview auf eine Erfolgsgeschichte, die bereits sein Großvater und Vater mitgeprägt haben.
Es war damals in den Gründerjahren auch in Schönberg nicht leicht, ein Geschäft aufzubauen und wirtschaftlich zu führen. Trotzdem fanden sich 30 Geschäftsleute, um einen Verein zu gründen. Was war die Antriebsfeder?
Knut Lindau: Die Zeit war einfach reif. Die Gewerbetreibenden damals merkten, dass sie sich zusammentun mussten, um zum Beispiel auch auf ortspolitische Themen Einfluss zu nehmen. Damals ging es unter anderem um die Abschaffung des Amtsgerichts in Schönberg. Dagegen wollte man gemeinsam etwas unternehmen. Es wurde sogar eine gemeinsame Steuerkommission gebildet, in der die Gewerbesteuer ausgearbeitet wurde. Auch überregionale politische Entscheidungen wollte man beeinflussen. So ging es in den ersten Jahren um die Senkung der Strompreise und einen neuen Triebwagen für die Bahn. Themen, die auch nach 100 Jahren noch bewegen, denn heute warten wir zum Beispiel dringend auf die Bahn Hein Schönberg.
Gab es mal eine Durststrecke für den Verein?
Es gab die Zwangspause während des Nationalsozialismus durch die NSDAP, als alle Wirtschaftsvereine verboten wurden. Es wurde aber versucht, im Untergrund weiter zu arbeiten. Schon 1948 fanden sich aus dem Stand sage und schreibe 106 Mitglieder zur Wiedergründung zusammen. Das zeigt, wie groß das Bedürfnis nach Austausch und Gemeinsamkeit war. Schon ein Jahr später hatten wir 129 Mitglieder.
Gemeinsamkeit – wie sah das nach außen aus?
Unsere Vorväter waren damals sehr weitsichtig. Sie wussten, dass ein gemeinsames Auftreten mehr Gehör verleiht, vor allem in der Politik. Das Gewerbe hatte in Schönberg von jeher eine Stimme, die gehört wurde. Einzelne Gewerbetreibende waren auch immer in der Gemeindevertretung aktiv. Die Entwicklung zeigt, dass der Schulterschluss zwischen Gemeinde und Gewerbe alle Seiten voranbringt.
Welche Beispiele fallen Ihnen da ein?
Ich erinnere mich gern an die Zeit um das Jahr 2000 herum, als das Miteinander zwischen Gewerbe und Gemeinde besonders intensiv war – vor allem mit dem damaligen Bürgermeister Wilfried Zurstraßen. Daraus entstanden Projekte wie das Maibaumfest und die Ausbildungsinitiative, die heute noch läuft. Die Aktion Pro Kultur mit dem Kunstpfad, die Weihnachtsbeleuchtung, ja selbst die Weihnachtstaler-Aktion, die bis heute weit über die Grenzen Schönbergs bekannt ist, hatte er damals angeregt.
Was sind für Sie wichtige Meilensteine der Vereinsentwicklung?
Ein ganz entscheidender Schritt war 1968 die Fusion des Handelsvereins mit der Ortshandwerkerschaft und dem Fremdenverkehrsverein. Drei Vereine taten sich zusammen, um an einem Strang zu ziehen – mit großem Erfolg. Das versuchen andere heute noch, was unsere Vorväter schon damals mit Weitblick geschafft hatten. Die erste Gewerbeschau 1986, die Gründung des Ortsmarketings gemeinsam mit der Gemeinde, das erste eigene Magazin 2010 und der Schritt in die Digitalisierung mit der eigenen Website gehören für mich dazu.
Welche Themen bewegten die Mitglieder?
Ein großer Diskussionspunkt war damals zum Beispiel der Bau des Ferienzentrums Holm, das vor gut 50 Jahren entstand. Aber wir haben uns auch in der Arbeitsmarktförderung engagiert, als die Kommunale Beschäftigungsinitiative der Gemeinde gegründet wurde. Die Fußgängerzone und die Einrichtung des Probsteier Einkaufszentrum am Kuhlenkamp sehen allerdings viele Mitglieder bis heute kritisch, denn viele kleine Einzelhandelsgeschäfte haben geschlossen oder sind abgewandert.
Wie bringt sich der Gewerbeverein in touristische Belange ein?
Die spektakulärste Maßnahme war wohl die Anschaffung der Pferdestrandbahn. Mit zwei Kaltblütern und Planwagen wurden die Gäste zwischen Schönberg und den Strandgebieten hin und her befördert. Das war eine echte Attraktion. Wir reden seit Langem über den Einsatz einer Bimmelbahn – also auch ein Thema, das heute wieder brandaktuell ist. Auch die Bahn Hein Schönberg war immer Thema, wir veranstalten die Kulturnacht und bringen ein eigenes Magazin heraus, nicht zu vergessen die Wanderwegsbeschilderung und vieles mehr.
Ziehen immer alle mit?
Es ist bei allem Gemeinschaftssinn natürlich auch viel Überzeugungsarbeit zu leisten. Leider bleibt die Arbeit an den wenigen Vorstandsmitgliedern hängen. Ich wünschte mir mehr helfende Hände aus den Reihen der 150 Mitglieder.
Wie wird gefeiert?
Wir haben bei aller Arbeit nie das Feiern vergessen. Unsere Mottobälle in jedem Jahr sind legendär, die Karten immer sehr begehrt. In diesem Jahr feiern wir das Jubiläum in drei Schritten. Am Gründungstag gibt es eine feierliche Jahresversammlung, am 31. Mai eine Sommerparty, für die noch Karten zu haben sind, und drei Tage später die große Jubiläum-Gewerbeschau.
und Astrid Schmidt
Quellenangabe: Ostholsteiner Zeitung vom 12.02.2024, Seite 24