„Mehr als eine Bäderbahn“: Landesbehörden geben Bahnprojekt zwischen Kiel und Schönberger Strand trotz Kostenexplosion grünes Licht
Kiel. Nach jahrelanger Hängepartie können Pendlerinnen und Pendler aus dem Kieler Umland hoffen: Schleswig-Holsteins Behörden haben am Donnerstag grünes Licht für die Reaktivierung der 24 Kilometer langen Bahnstrecke „Hein Schönberg“ erteilt. Voraussichtlich ab dem Winterfahrplan im Dezember 2025 sollen im Stundentakt die ersten Züge vom Kieler Hauptbahnhof über Oppendorf bis nach Schönkirchen rollen, ein Jahr später bis Probsteierhagen und ab Ende 2027 bis Schönberger Strand.
„Es geht um weit mehr als eine Bäderbahn“, betonte Schönbergs Bürgermeister Peter Kokocinski (SPD) am Rande einer kleinen Feierstunde im Kieler Verkehrsministerium. Dass sich der Protest gegen den Streckenausbau mit 21 Einwendungen absolut in Grenzen hielt, hänge auch mit der Erwartungshaltung der anliegenden Gemeinden auf wirtschaftliche und gesellschaftliche Impulse zusammen. „Schönberg wird in den nächsten fünf bis zehn Jahren 1000 Einwohner mehr haben“, sagte Kokocinski, „und die wollen nicht alle auf dem Kieler Ostufer im Stau stehen.“
Schönkirchens Bürgermeister Gerd Radisch (parteilos) nickte. „Hein Schönberg wird unser Trumpf sein“, sagte er. Seine knapp 7000 Einwohner zählende Gemeinde hat gerade ihr Gewerbegebiet erweitert und damit potenziell Platz für 450 neue Arbeitsplätze geschaffen – mit entsprechend zu erwartenden Verkehrsströmen. Laut Gutachten würden jeden Tag 2200 Menschen aus Schönkirchen heraus- und 1400 hineinpendeln. „Wir sind begeistert, dass das Bahnprojekt jetzt startet. 2026 steht auch unser neues Bahnhofsvorfeld – und dann geht es rund.“
Mit voraussichtlich 86 Millionen Euro fallen die Baukosten für „Hein Schönberg“ allerdings erheblich höher aus als ursprünglich geschätzt. 2019 war man bei der AKN Eisenbahn-GmbH, die für den Ausbau und Betrieb der Strecke zuständig ist und sich im Besitz der Länder Schleswig-Holstein und Hamburg befindet, noch von 50 Millionen ausgegangen. Umso mehr beeilte sich Arne Beck, Geschäftsführer des Nahverkehrsverbunds Nah.SH, den Kosten-Nutzen-Faktor hervorzuheben. „Wir gehen insgesamt davon aus, dass die Wirtschaftlichkeit durch die Kostenerhöhung nicht gefährdet wird.“ Ursprünglich habe man täglich 1500 bis 2000 Fahrgäste prognostiziert. „Aber das werden wir mit dieser schnellen und nachhaltigen Verbindung deutlich übertreffen.“
Tobias von der Heide, Staatssekretär im CDU-geführten Kieler Verkehrsministerium, trug am Donnerstag jedenfalls keine Trauer, sondern lobte die AKN als Partner. „Wir zeigen gegenüber einem anderen Monopolisten“, gemeint war die Deutsche Bahn, „wie man Strecken günstiger und vor allem schneller realisieren kann.“ Günstiger wird die Rechnung trotz Kostensteigerung paradoxerweise vor allem für das Land: Grund sind bereits bewilligte Bundesmittel und eine seit 2021 höhere Förderquote. Das Land braucht statt 50 nur noch 30 Millionen Euro zuzuschießen – und gibt somit 20 Millionen Euro weniger aus. AKN-Chef Matthias Meyer kündigte an, dass man die Linie an drei Stellen verbessern werde, damit die Züge ihr Tempo auf bis zu 80 Stundenkilometer erhöhen können. Außerdem werde man die bestehenden Bahnhöfe behindertengerecht umbauen und in Probsteierhagen einen neuen Bahnhof an der Lindenstraße errichten. „Zur Lärmminderung werden wir an mehreren Stellen Schienenstegdämpfer installieren“, versprach er. „Abgesehen davon trägt der geplante Einsatz moderner Akkuzüge zum Erreichen der Klimaziele bei.“
Der Planfeststellungsbeschluss wird ab dem 25. Februar öffentlich ausgelegt und ist bis zum 10. März in den Rathäusern von Kiel, Heikendorf und Schönberg während der Geschäftszeiten einsehbar.
Quellenangabe: Ostholsteiner Zeitung vom 07.02.2025, Seite 10