Page 15 - Schönberg im Winter 2020
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nur flüchtiger Blick auf sein vielseitiges Werk beweist
       das: Von klassischen Landschaftsbildern in Öl über
       Aquarelle und detaillierte Bleistiftzeichnungen bis hin
       zu Kinderbuchillustrationen und den daraus hervor-
       gegangenen, schon erwähnten naiven Malereien ist
       alles dabei. Sogar Akte fehlen nicht – die Geschichte
       dahinter ist hörenswert, bitte ein wenig Geduld –
       und auch als Autor hat Runge ein großes Publikum
       gefunden: „Rainers Salatebuch“ etwa, handgeschrie-
       ben und 700 Seiten stark, ist heute zwar vergriffen,
       wird aber auf einschlägigen Onlineplattformen noch
       immer gehandelt.
         Doch der Reihe nach: Zur Welt gekommen ist
       Rainer  Runge  in  der Gegend  nahe  Greifswald  im
       Jahr 1947. Seine Mutter ist mit ihm 1951 aus der
       damaligen Sowjetischen Besatzungszone über den
       Harz in den Westen geflohen, wo Runge zunächst
       im holsteinischen Neustadt eine neue Heimat fand.
       Zu malen hat der kleine Rainer schon früh begon-  buch ‚Auf Schusters Rappen durch den Kreis Plön‘
       nen. „In der Schule gab es einen Lehrer, der mich   von Jutta Kürtz“, erinnert sich Runge. Der positive,
       deshalb Philipp-Otto genannt hat“, erinnert sich Rai-  bunte, naiv anmutende, hier und da an Wimmelbil-
       ner Runge feixend: „Nach dem Maler Philipp-Otto   der erinnernde Stil überzeugte und einige Originale
       Runge aus der Romantik.“ Die Malerei sei ihm also   waren seinerzeit im Plöner Kreishaus zu sehen. Als
       „irgendwie in die Wiege gelegt“ worden, vermutet   ihn 1990 der damalige Schönberger Bürgermeister
       Runge heute. Aber nicht nur das: Es zog ihn auch   Wilfried  Zurstraßen  schließlich  als  Leiter  des  neu
       recht früh in die Ortspolitik. „In Neustadt war ich   geschaffenen Amtes für Umwelt, Soziales und Kul-
       damals der jüngste Stadtvertreter“, verrät er.    tur nach Schönberg in die Probstei holte, durfte er
         Beruflich beschritt er einen noch anderen Weg:   sich künstlerisch weiter betätigen: „In den knapp 20
       Rainer Runge studierte in Kiel Sozialpädagogik. Des-  Jahren  seiner  Amtsleitertätigkeit  entstanden  quasi
       halb hat er Pinsel und Zeichenstift aber nicht etwa   nebenbei Grafiken und Plakate, die das Gesicht der
       zur Seite gelegt. „Während des Studiums bekam ich   Gemeinde in seiner ganzen Vielfalt zum Kunstobjekt
       einen Lehrauftrag für ‚Kunst und Gestalten‘ an der   machten“, lobte Bürgermeister Zurstraßen Rainer
       Kieler  Fachhochschule“,  erzählt  Runge.  Die  Kunst   Runge  zum  Ende  dessen  Dienstzeit.  Zahllose  Pla-
       blieb also – neben der folgenden Verwaltungstätig-  kate und Einbandgestaltungen, die Motive auf den
       keit zunächst beim Kreis Plön – wichtiger Bestandteil   Weihnachtsmarktbechern oder die Entwicklung ver-
       seines Lebens.                                    schiedener Logos für gemeindliche (Kultur-)Projekte
         Der Kreis Plön machte sich das gern zunutze: Rai-  gehen auf Runges Konto. Ein für Oldenburg in Hol-
       ner Runge gestaltete im administrativen Auftrag das   stein gearbeitetes Plakat hat seinen Weg sogar ins
       erste offizielle Poster des Kreises. „Den Durchbruch   Landesmuseum Schloss Gottorf gefunden.
       aber brachten 1985 die Illustrationen für das Kinder-  „Wohl kein Künstler aus unserer Region hat mit
                                                         seinen gemalten und gezeichneten Schönberger An-
                                                         sichten eine solche Verbreitung gefunden wie Rainer
                                                         Runge“, stellte Zurstraßen fest. Dem ist kaum etwas
                                                         hinzuzufügen, außer… Ach ja: Was war das denn nun
                                                         mit den Aktbildern? „Ein Reporter der Lokalpresse
                                                         befragte meinen Schönberger Künstlerkollegen Jür-
                                                         gen Vorberg und mich für einen Artikel über eine ge-
                                                         meinsame Ausstellung und wollte wissen, was künf-
                                                         tig von uns noch so zu erwarten sei“, erzählt Rainer
                                                         Runge. „Aus Flachs sagten wir: Aktmalerei natürlich!
                                                         Wir ahnten allerdings nicht, dass wir später darauf
                                                         festgenagelt würden“, lacht Runge. „Also haben wir
                                                         welche gemalt.“





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